700 KM HARZ – Enno Seifrieds neuester Film

700 km Harz
© Enno Seifried

Aktuell in ausgewählten Kinos der Republik und auf DVD erhältlich: das neueste Werk von Enno Seifried. In seinem Dokumentarfilm 700 KM HARZ berichtet Enno, der mit der Trilogie VERGESSEN IM HARZ bekannt wurde, von seiner Fernwanderung durch Deutschlands nördlichstes Mittelgebirge.

Wir freuen uns, dass Enno anlässlich dieser Premiere wieder Zeit für uns gefunden hat, ein paar neugierige Fragen zu beantworten.

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Warum ausgerechnet der Harz? Was macht für Dich die Faszination des nördlichsten Mittelgebirges Deutschlands aus?

Zugegeben, lange Zeit hatte ich den Harz gar nicht auf dem Schirm. Vor ein paar Jahren war ein guter Freund von mir eine Woche im Harz unterwegs und kam total begeistert zurück. Anschließend musste ich natürlich wissen, ob er übertreibt oder ob seine Begeisterung gerechtfertigt ist. Ich gönnte mir eine Woche in der Harzer Natur und war ebenfalls begeistert. Mich fasziniert die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Landschaftsregionen. Es ist irgendwie ursprünglich und abseits der üblichen Touristen-attraktionen sehr einsam. Das ist genau mein Ding. Der Harz hat etwas Raues; und ob in den Tälern oder auf den Hochebenen fühlt man sich weit entfernt vom Großstadtdschungel und kann wunderbar genießen und beim Wandern seinen Gedanken nachhängen.

700 km Harz Sonne in den Wolken
© Enno Seifried

Woher kam die Idee zu 700 KM HARZ?

Zu der Zeit, als ich das erste Mal bewusst den Harz besuchte, war ich gerade auf der Suche nach einer neuen Region für meine Dokumentarfilmreihe über so genannte Lost Places. Da kam mir der Harz gerade recht. Drehorte, an denen ich meine Natur-Liebhaberei mit der Leidenschaft verlassene Orte zu erkunden verbinden konnte, war das Beste, was mir passieren konnte. Tagsüber den Geruch von modrigen Parkettfußböden, die sich wie Wellen durch die Lost Places ziehen, einatmen und am Abend irgendwo an einem einsamen See die Abendstunden genießen. Ein Traum.

Als ich die Trilogie VERGESSEN IM HARZ abgedreht hatte, wollte ich den Harz dann nochmal gänzlich aus einer anderen Perspektive kennen lernen. Und da kam mir die Idee, einfach den Rucksack zu packen und kreuz und quer durch den Harz zu laufen. Ich dachte damals so an maximal 500 Kilometer. Wenn überhaupt. Ehe ich mich versah, zeigte meine GPS-Uhr über 700 Kilometer an. Ich hatte das Gefühl, dem Harz nun wirklich nah zu sein und konnte damit meine Harz-Leidenschaft, die ich in den Jahren entwickelt hatte, für mich persönlich zumindest filmisch zufriedenstellend abschließen.

Den Film 700 KM HARZ hatte ich dabei allerdings nur vage geplant. Aber wenn man als Filmemacher wandert, ist die Kamera natürlich dabei und schnell aufnahmebereit. Ich fing ein, was mir vor die Linse kam und redete an manchen Tagen mit ihr wie mit einem Freund, der mich begleitet. Klingt sicher schräg und nach einem dezent verwirrten Typen, der da durch die Landschaft pilgert. Und was soll ich sagen … Ist es auch. Wieder in Leipzig sichtete ich das Material, setze mich an meinen Schnittplatz und schrumpfte die Aufnahmen auf knapp 100 Minuten. Dann lud ich mein Filmteam ein, die mit mir an den Lost Place Dokus gearbeitet hatten und holte mir Feedback. Vielleicht nur, weil es gute Freunde sind, auf jeden Fall fiel das Feedback so aus, das ich beschloss, den Film auch in die Öffentlichkeit zu bringen. Und nun, siehe da, raus isser.

Was war in dieser Zeit ein beeindruckendes Erlebnis? Hat Dich etwas überrascht?

Ich kann schlecht ein einziges Erlebnis herausgreifen. Jeder Moment war schön. Ich bin Genießer und mir gelingt es meistens, selbst den ödesten Feldweg, der sich gerade unter meinen Füßen verschiebt, als das Beste zu begreifen, das mir in dem Moment passieren kann. Gefühlt bin ich ein Drittel der Zeit mit Sturmböen im Gesicht unter Regenschauern gelaufen. Und selbst das kann mir den Spaß an so einer Tour nicht verderben, weil ich mir gut einreden kann, dass das gerade etwas ganz Besonderes ist. Jeder Weg, jede Rast, jede Aussicht, jeder Sonnenuntergang am Abend, irgendwie war alles beeindruckend. Der Harz halt.

700 km Harz - Sonnenuntergang
© Enno Seifried

Was mich überrascht hat war, dass ich auf der ganzen Tour wirklich nur einen einzigen Fernwanderer getroffen habe und außer den Damen, die gerade ihren Chihuahua am Dorfrand Gassi führten, kaum einen Menschen getroffen habe. Außer natürlich an den Touristenhighlights der Region. Da war dann schon mal mehr los. Was mich auch überrascht hat, ist die Vielfältigkeit des Harzes. Zu einem Teil war mir das schon vorher bewusst, aber meine Wanderung bestätigte das umso mehr.

Und woran denkst Du nicht so gern zurück?

An nichts!

Wie sieht Deine Ausrüstung für eine Fernwanderung aus?

Hmm, soll ich jetzt aufzählen, was in meinem Rucksack ist? Isomatte Schlafsack und Zelt für die Nächte, in denen es unmöglich ist, unter freiem Himmel zu schlafen, sind natürlich das Wichtigste. Ein kleiner Gaskocher, Kochgeschirr, eine Stirnlampe, Zahnbürste, warme Klamotten für kalte Abende, eine Ersatzbuxe und Ersatzsocken sind ebenfalls Gold wert.

Ich bin da ziemlich penibel, was das Gewicht der einzelnen Ausrüstungsgegenstände angeht. Alles was ich mitschleppe, muss das leichteste seiner Art sein. Mein Kocher zum Beispiel wiegt gerade mal 65 Gramm. Ich will mich ja nicht dauerhaft wie bei einem Umzug mit einer Waschmaschine auf dem Rücken fühlen. Wobei ich beichten muss, dass ich sogar einen eigenen Campingstuhl und ein Kissen dabei hatte. Wiegt auch alles nur ein paar Gramm, ist aber dann schon purer Luxus.   

700 km Harz - Enno auf dem Brocken
© Enno Seifried

Du warst während der Zeit auch online, hast gepostet und gefilmt. Wie viele Akkus musstest Du dafür schleppen und wo (wenn nicht in einer Unterkunft) können die im Harz aufgeladen werden?

Ja stimmt, hätte ich fast vergessen. Kamera, ein Stativ und Gimbal hatte ich natürlich auch dabei. Auch hier gilt natürlich die Grammjagd. Mit einer 25.000er Powerbank konnte ich die drei Kameraakkus mehrere Tage versorgen. Wenn auch die aufgebraucht waren, hab ich mir eine Unterkunft gegönnt und über Nacht alles aufgeladen. Gepostet habe ich in der Zeit nur zwei Mal etwas, wenn ich mich recht erinnere. Wenn ich auf Reisen unterwegs bin, ist mein Handy meistens aus und maximal am Abend wird dann mal ein Blick ins WorldWideWeb gegönnt, wenn ich denn Netz habe. Aber meistens ist der Sonnenuntergang dann doch spannender.

Aber auch mit dem ganzen Technikkram wog mein Rucksack nur um die 15 Kilo. Das ist okay und noch etwas davon abhängig, wie viel Essen und Wasser ich dabei habe. Nach einem Einkauf im Dorfkonsum war ich dann sicher schnell mal bei 18 bis 20 Kilo. Aber auch das lässt sich mit der Vorfreude auf die Leckereien am Abend ganz gut wegschleppen.

Gab es eigentlich Probleme wegen des „wilden Campens“?

Wildes Campen? Noch nie gehört. So wild habe ich gar nicht gecampt. Eigentlich war ich am Abend immer ganz entspannt und ruhig. Und ab und zu habe ich auch Wild gesehen, wenn es in der Abenddämmerung über die Lichtungen streifte und sich von mir beobachten ließ. Aber okay, im Ernst. Ich bin Naturfreund und man wird an der Stelle, an der ich mich am Abend niedergelassen habe, am nächsten Morgen kaum Spuren meiner Anwesenheit nachvollziehen können. Ich bin sicher kein Rebell, der sämtliche Regeln und Gesetze ignoriert, aber wenn Mutter Natur mich auf eine Nacht in ihren Armen einlädt, sage ich sicher nicht nein, nehme die Einladung mit dem nötigem Respekt an und denke nicht darüber nach, ob mir das jetzt jemand verbieten könnte.    

700 km Harz - Enno beim Campen
© Enno Seifried

Es hat ja wirklich viel geregnet auf Deiner Tour – wie motivierst Du Dich auch bei widriger Wetterlage zum Durchhalten?

Klar mag auch ich Sonnenschein und idealerweise 23 Grad im Schatten. Aber Regen gehört dazu. Wenn ich mich auf so eine Tour begebe, ist mir von Vornherein klar, dass ich mich aus meiner Komfortzone bewege und nicht auf die Couch flüchten kann, wenn es mir draußen zu ungemütlich wird. Es hat sogar einen gewissen Reiz, sich selber zu beobachten, wie man mit Widrigkeiten umgeht. Die Motivation besteht darin, das Bestmögliche aus jeder Situation zu machen, weil man weiß, dass das Glücksgefühl im Nachhinein bedeutend größer ist, wenn man seinen Weg weiter geht, als sich von einer Wetterlage brechen zu lassen. Das ist eigentlich wie im alltäglichen Leben auch. Oder sagen wir: Es sollte so sein.

Und nun Dein ultimativer Tipp für den Harz?

Der Harz!

Gibt es schon ein neues Projekt und magst Du darüber berichten?

Derzeit arbeite ich unter der Regie von Tilo Esche an dem Theaterstück ALLE MEINE SÖHNE an der UCKERMÄRKISCHEN BÜHNE SCHWEDT. Meine Aufgabe ist die Stückmusik. Wir haben dort ein wirklich cooles motiviertes Team von Schauspielern, die gerade ihr Bestes geben, dem Stück Leben einzuhauchen. Da ich für die Musik in den letzten Jahren eher wenig Zeit finde, freut es mich umso mehr dabei zu sein. Am 15. März ist Premiere und dann werde ich wohl zum nächsten Filmprojekt übergehen. Auch da gibt es ausreichend Ideen. Allerdings rede ich in der Öffentlichkeit ungern über ungelegte Eier. Das nimmt mir die Motivation. Ich verschieße das Pulver lieber, wenn ich wirklich etwas in der Hand habe, das ich präsentieren kann.

Danke, lieber Enno, für Deine Zeit und die spannenden und ausführlichen Antworten. Viel Erfolg weiterhin für Deinen Film und auch die zukünftigen Projekte!

700 km Harz Filmplakat


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